1982 – Gesamtschule
Nach unserem Umzug in das schöne Städtchen Erkrath, kam auch der nächste Schritt in meiner schulischen Laufbahn auf mich zu. Wir waren schon einige Male vorher dort und inspizierten mit großen Augen die Schule. Ein großer in grellen Farben gestrichener Betonklotz mit Platz für 1800 Schüler. Die Ausstattung war klasse! Mehrere technisch top eingerichtete Chemieräume, 6 Turnhallen, ein großer Outdoor Sportplatz mit Basketballfeldern, eine große Aula, die in Form eines Atriums gebaut wurde, Mensa, Cafe, ein Hallen-Schwimmbad u.v.m. Zusätzlich wurde den Ganztagsschülern einiges in Form von AG´s geboten, so dass sie ihre Kreativität voll ausleben konnten.
Meine Klasse war ein bunt gemischter Haufen von Kindern, aus verschiedenen sozialen Schichten und unterschiedlichen Religionen. Nach kurzer Eingewöhnungszeit bildeten sich schon die ersten Gruppen, aus denen in den folgenden Jahren echte Freundschaften entstanden sind.
“Verpickelte Brillenschlange”
Das Ganze änderte sich schlagartig zu Beginn der neunten Klasse. Pickel machten sich plötzlich in meinem Gesicht und auf dem Rücken breit. Ich hatte Gefühlsschwankungen und zu guter Letzt sollte ich noch eine Brille tragen. Rufe wie “Brillenschlange” etc. klingen mir heute noch im Ohr, deshalb nahm ich die Brille zwar immer mit, habe sie aber nach ungefähr drei Wochen nicht mehr angezogen, um das Ganze zu umgehen. Durch meine “Null Bock”-Phase sanken auch meine Noten in den Keller, und ich war sogar Mitte des Schuljahres Versetzungsgefährdet. Zahlreiche Gespräche folgten daraufhin mit dem Klassenlehrer und meinen Eltern. Aber bei mir war von Einsicht keine Spur.
Ich befand mich in irgendeiner Findungsphase und musste da dringend raus, um mit mir wieder im Reinen zu sein. Ein bisschen Ausgleich hatte ich im DLV (Dt. Leichtathletik-Verband). Hier ging ich zweimal in der Woche zum Training, und gewann dadurch für unsere Schule einige Wettkämpfe. Leider reichte das immer nur zeitweise um meine Laune auf Normalpegel zu bringen.
Findungsphase
Zwischendurch rangelten wir Jungs in den Pausen immer miteinander. Hier war ich nicht immer der Stärkste, was mich enorm wurmte. Deshalb beschloss ich mir Hanteln zu besorgen. Ich trainierte “jeden Abend” mindestens eine halbe Stunde meine Muskeln. Um das Wachstum zu beschleunigen, kaufte ich mir noch Eiweißpulver. Das hatte ich ja bereits im Sportverein kennengelernt. Es dauerte nicht einmal drei Monate, bis ich enormen Kraftzuwachs bekommen hatte. Dadurch wuchs auch mein Ansehen unter
den Mitschülern, denn Sie wussten, mit mir ist im Ernstfall nicht gut Kirschen essen. Ab da hatte ich nie wieder Ärger mit Pöbeleien. Als coole Mut-/Kraftprobe schlugen wir Jungs auch gerne mal mit der Faust gegen unsere Metall-Spinde. Teilweise so lange, bis die Knöchel blutig waren, um zu beweisen, wie viel Schmerz wir aushielten. Das blieb nicht ohne Konsequenzen, da die Schläge durch die ganzen Flure hallten, und wir das eine oder andere Mal von einem Lehrer erwischt wurden. Das hieß dann immer wieder beim Schulleiter antanzen und Ermahnungen sammeln.
Zeitgleich kam auch die “Popper”-Zeit. Diesel-Jeans, Converse-Sneakers und Bomber-Jacken waren angesagt. Da alle in meiner Clique den Trend mitgingen, wollte ich das natürlich auch, man will ja dazugehören. Glücklicherweise bekam ich von meiner Mutter das Kindergeld, welches mein Vater an sie bezahlte, und ich kaufte mir davon alle Dinge, die ich benötigte. Hier wurde immer ein bisschen Geld abgezweigt, um mir so eine Luxus-Jeans, damals um die 100 D-Mark, zu kaufen. Es gab aber auch andere Wege an die geliebten Klamotten zu kommen. In unserer Clique kannte jemand einen Typ, der Anziehsachen auf Bestellung besorgte. Das nahmen wir damals natürlich auch gerne in Anspruch, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Bei ihm kostete die Hose nämlich nur 20 D-Mark. So hatte ich irgendwann den halben Schrank voll mit den unterschiedlichsten Designer-Jeans.
Wunderwelt Mädchen
Aber coole Jungs brauchen natürlich auch coole Mädchen an ihrer Seite. Es gab gleich zwei, die mir gefielen. Ich hatte sie bereits Ende der achten Klasse kennengelernt. Diana und Melanie. Geschminkt, enge Klamotten und figürlich schon sehr ausgeprägt für ihr Alter. Wallende braune Mähne und ein Parfüm, das mich in ihren Bann zog. Fortan hingen wir in den Pausen zusammen rum, oder fuhren nach der Schule in die Düsseldorfer Altstadt, rauchten zusammen die eine oder andere Zigaretteund machten ausgiebige Shopping-Touren. Diana und ich fühlten uns immer besonders zueinander hingezogen. Wir telefonierten nach der Schule manchmal stundenlang, und ich erinnere mich noch genau an unseren ersten Kuss, – in der Düsseldorfer Altstadt, kurz bevor sie in die Bahn stieg, um nach Hause zu fahren. Wir kamen uns beim Abschied sehr nahe, und dann berührten sich schüchtern unsere Lippen. Mich störte nicht, dass sie Lippenstift trug, den ich nach unserem ersten Knutschen auf den Zähnen hatte, und auch schmecken konnte. Ich war einfach hin und weg. Leider blieb es bei einigen Knutschereien.
Wir beschlossen damals, einfach nur Freunde zu sein, und verstanden uns wie Bruder und Schwester. Egal wie lange wir uns zwischendurch nicht gesehen hatten, wir konnten über alles stundenlang reden. Das war auch noch einige Jahre später so. Wir liefen und immer mal wieder über den Weg und waren ein Herz und eine Seele. Einfach meine beste Freundin.
Danach folgten noch einige Romanzen … Man testet ja ein bisschen in dem Alter aus. Ob auf der Klassenfahrt, oder aus der Unterstufe, die letzten zwei Jahre meiner Schulzeit hatte ich dauerhafte Glücksgefühle. Unterstützt wurden die auch noch vom dem damaligen Film “La Boum – Die Fete”. Welcher Junge war nicht verliebt in Sophie Marceau. Und als ich wie sie in dem Film meinen ersten
Klammer-Blues tanzte, war ich im siebten Himmel angekommen. Der Film beamt mich auch heute noch zurück in die Vergangenheit, wenn ich in mir ansehe. Wie ist das bei dir oder mit welchem Film verbindest du Erinnerungen?
Mit der Clique erlebte ich die eine oder andere wilde Party, auch bei mir zu Hause. Ich hatte den Vorteil, dass meine Mutter, bedingt durch ihren neuen Job, nur am Wochenende da war, und so hatte ich sturmfreie Bude. Das nutzten wir natürlich aus. Eine Party artete extrem aus. Es wurde in meinem damaligen Kinderzimmer geraucht, zwei Jungs kifften auf dem Balkon, und es floss einiges an Alkohol. Ein Pärchen sperrte sich für zwei Stunden im Badezimmer ein. Später kamen sie mit Glückseeligen
Gesichtern raus, nachdem mehrere auf die Toilette mussten, und wir wie wild geklopft hatten. Wir schliefen quer verteilt in der ganzen Wohnung, und ignorierten das Schellen der Nachbarn, wegen der Lautstärke.
Fazit
Wenn ich heute zurückdenke, kann ich nur sagen, was für eine tolle Zeit. Die ganzen Schul-Ausflüge, die Klassenkameraden, unser Lehrer, die Freunde und Menschen, die ich kennenlernen durfte. Da blicke ich wehmütig zurück. Leider wurden wir gewaltsam aus diesem schönen Traum, und auf dem Höhepunkt unserer Freundschaft, komplett auseinandergerissen. Kurz vor unserem Abschluss wurde Asbest in der Schule festgestellt, und alle Schüler auf andere Schulen verteilt. Unser Unterricht fiel mehr aus, als das er stattfand, und irgendwann wurde beschlossen, dass wir die letzten zwei Monate nicht mehr hingehen müssen. Eigentlich toll, aber wo und wann war unsere Abschlussfeier auf die wir uns schon so gefreut hatten? Leider fiel auch die aus und die Folge daraus war, wir verloren uns leider zum größten Teil alle aus den Augen.
Ich habe mich trotz der ganzen Eskapaden, dem Auf- und Ab der Gefühle, wieder gefangen. Rockte die Schule motiviert, und konnte sie dann mit der Fachoberschulreife + Qualifikation beenden. Vielleicht hat jeder mal so eine Phase in der Schulzeit. Hier findet man echten Halt bei Freunden, oder in sinnvollen Gesprächen mit den Eltern. Erfahrungen machen stark für das Leben, die sollte jeder machen, ob positiv oder negativ.
Ich frage mich heute wie ich als Vater in so manchen Situationen reagiert hätte und können unsere Kinder in der heutigen Zeit noch so unbeschwert leben? Erkennen wir als Eltern die Probleme und nehmen uns die Zeit um auf unsere Kinder einzugehen?
Da hast du aber so einiges vergessen haha kann dir da noch ein paar Anekdoten nennen
Ich könnte auch noch ein ganzes Buch darüber schreiben 😉
Nur eins? Oder wieviele Fortsetzungen hat das Buch … sag nur Mercedes…
Hey, also auch ein Kind des 70-er Jahrgangs und ich kann so vieles nachempfinden was du geschrieben hast.
Ich denke sogar, dass es wichtig ist, dass man so etwas erlebt- es hat dich am Ende ja zu einem guten Menschen gemacht und als junger Mensch macht man eben Fehler :)!
Liebe Grüße!
Hallo, ja es war eine sehr schöne Zeit und Fehler sollten wie du auch geschrieben hast gemacht werden um daraus zu lernen. LG